09.01.2023
Liebe Mitfrau, die du TERRE DES FEMMES treu und gewogen bist,
jetzt, wo du dieses E-Mail von mir – Inge Bell, der Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden von TERRE DES FEMMES – zu lesen beginnst, hast du möglicherweise schon Bilder im Kopf und es schrillen alle Alarmglocken.
Denn im Vorfeld meines Schreibens hatte dich ja schon Mitte Dezember eine E-Mail-Ankündigung von Geschäftsführerin Christa Stolle erreicht, in der sie ein düsteres Bild von mir zeichnet: sie stellt mich persönlich als gefährlich und geradezu aggressiv dar.
Wie soll ich nun diesem Bild etwas entgegensetzen? Wie kann es mir angesichts dieses bewusst negativ vorgeprägten Bildes von mir gelingen, dich zu erreichen – vorurteilsfrei und fair?
Ich versuche es einfach. Und ich bitte dich, dich frei zu machen von möglicher Beeinflussung und Voreingenommenheit, zumal wir uns wahrscheinlich noch nicht einmal persönlich kennengelernt haben.
Ich danke dir dafür, dass du mir und meinem Anliegen so offen und fair wie möglich begegnest!
Klarstellung wegen Gerichtsverfahren und Datenschutz:
Dir und allen Mitfrauen direkt schreiben zu können – darum bemühe ich mich auf verschiedenen Wegen seit fast einem halben Jahr, seit Beginn der tiefen Krise im Verein im Juli 2022. Leider verhinderte die Geschäftsführung diese direkte Kontaktaufnahme immer wieder – mit dem vorgeschobenen Argument des Datenschutzes,- obwohl einer Vorständin oder einem Vorstand eines Vereins ganz selbstverständlich die Gelegenheit und Mittel zu einer Kontaktaufnahme mit den Vereinsmitgliedern gegeben werden muss, also auch mir. Dies ist mir allerdings verwehrt worden, während andere Vorständinnen ganz selbstverständlich davon Gebrauch gemacht haben.
So blieb mir als letzter Versuch nur der Weg über eine gerichtliche Einstweilige Verfügung. Die Richterin am Berliner Landgericht gab mir im Eilverfahren zweimal Recht – am 9. November und am 30. November - und verpflichtete die Geschäftsführung dazu, mir die Mitfrauen-Adressen zu übergeben. Mit diesen Worten in ihrem Urteil (das du hier nachlesen kannst):
„Es ist gerade der Grundgedanke eines Vereins, dass Vereinsmitglieder miteinander kommunizieren können, um die Zwecke des Vereins zu erreichen. Ansonsten macht ein Eintritt in einen Verein keinen Sinn."
Die Richterin sieht den Datenschutz eindeutig gewährleistet.
Und natürlich sind deine Daten bei mir sicher und geschützt – ich schreibe dich, liebe Mitfrau, ausdrücklich als Vorständin von TERRE DES FEMMES an.
Nun zu meinem eigentlichen Anliegen:
TERRE DES FEMMES braucht dich. Um den Kompass wieder klar zu kriegen. Und ich bitte dich deswegen um deine Hilfe!
In den nächsten Tagen werde ich dir noch einmal schreiben und dich bitten: Stimme dem Minderheitenbegehren zu. Stimme zu, dass TERRE DES FEMMES rasch eine außerordentliche Mitfrauenversammlung abhalten kann.
Warum ist das wichtig?
Ich bedauere es sehr und es tut mir wirklich weh, dass unser Verein TERRE DES FEMMES seit vergangenem Sommer so schwer erschüttert wird: von einer massiven Führungskrise und von der Gefahr, dass unser ureigener Fokus auf Mädchen und Frauen verwässert wird. Denn insbesondere der derzeitige Vorstand und die Geschäftsführung scheinen nicht mehr zu wissen, was eine Frau ist. Sie haben ihren Kompass nicht mehr klar.
Ja, das mag geradezu absurd klingen, ist aber so.
Das schmerzt mich persönlich umso mehr, weil ich die Arbeit von TERRE DES FEMMES seit über 20 Jahren sehr schätze und mich als Mitfrau - und seit 2017 als Stellvertretende Vorstandsvorsitzende im Ehrenamt - der ursprünglichen Gründungsintention verschrieben habe und ihr verpflichtet bin: nämlich dem Einsatz gegen Menschenrechtsverletzungen an Mädchen und Frauen, die ihnen nur geschehen, weil sie weiblich sind.
Die Abtreibung weiblicher Embryos, weibliche Genitalverstümmelung, Vergewaltigungen, Zwangsverheiratungen, sogenannte „Ehrenmorde“ – all das geschieht Mädchen und Frauen, weil sie biologisch weiblich sind.
Ich stehe hier klar an der Seite von Ingrid Staehle, der Gründerin, Namensgeberin und Ehrenvorsitzenden von TERRE DES FEMMES, wenn sie in ihrem Statement vom August 2022 schreibt: „Ich empfehle dazu noch einmal Punkt für Punkt die Lektüre unseres Feministischen Leitbildes, das zusammen mit unserer Satzung Grundgesetz beziehungsweise Grundlage unserer Arbeit darstellt. Dass darin nirgendwo ausdrücklich von „biologischem“ Geschlecht die Rede ist, verstand sich damals und über die Jahrzehnte einfach "von selbst“. […] Bei TERRE DES FEMMES war von Anfang an ebenso stillschweigend wie unbestritten vom biologischen Geschlecht die Rede.“
Dieser Gründungsintention sehen sich die Geschäftsführerin und Teile des derzeitigen Vorstands – warum auch immer - allerdings nicht mehr verpflichtet.
Was geschah?
Du hattest Ende Juli 2022 ja selbst aus einem E-Mail der Geschäftsführerin erfahren, dass sie und der Restvorstand die Position „Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht“ zurückgenommen haben. Und das, obwohl die Mitfrauenversammlung zweimal – 2020 und 2022 – für diese Position gestimmt haben.
Ein klarer Verstoß gegen unsere Vereinssatzung und gegen geltendes Vereinsrecht.
Doch es blieb nicht bei diesem einen Verstoß, es kamen weitere hinzu. Dieses fortgesetzte rechts- und satzungswidrige Verhalten der Geschäftsführerin mit Teilen des Vorstands ist nicht zu tolerieren und schadet dem Verein. Es steht deshalb seit Oktober 2022 im Zentrum mehrerer Klagen – besonders aus der Mitfrauenschaft und auch von mir als Vorständin.
Seit diesem „Sündenfall“ vom Juli 2022 kommt der Verein nicht zur Ruhe. Wegen der Geschäftsführerin und des Restvorstands. Sie hatten sich geweigert, sich mit den Hunderten protestierender Frauen auseinanderzusetzen und eine Mitfrauenversammlung einzuberufen. Damit haben sie die Unruhe zum Konflikt eskaliert.
Denn viele Hundert Mitfrauen hatten sofort aufbegehrt gegen das Verhalten der Führungsriege, haben Protestbriefe und Appelle an den Vorstand geschickt, vergeblich. Weitere viele Hundert Mitfrauen, SpenderInnen und FörderInnen haben sofort TERRE DES FEMMES den Rücken gekehrt. Auch das blieb ohne Wirkung und wurde von der Geschäftsführung verschwiegen. Über 100 Frauen – darunter renommierte Expertinnen – wollten allein zwischen Juli und Ende September 2022 dem Verein beitreten, um TERRE DES FEMMES zu stützen. Keine Chance, denn der Vorstand verhängte einen Aufnahmestopp – und stellte alle diese beitrittswilligen Frauen öffentlich unter den Generalverdacht „extremistisch“.
Wovor hat die Führungsriege eigentlich Angst?
Seither scheinen sich Geschäftsführerin Christa Stolle und meine Vorstandskolleginnen Godula Kosack und Carmen Schiller (Annemarie Schoß war bereits im August 2022 zurückgetreten) zu verschwören - und zu verschanzen in einer Wagenburg aus:
• Torpedieren des Minderheitenbegehrens vom August/September
• Mitfrauen-Aufnahmestopp Ende September
• Ausschluss einer kritischen Mitfrau Ende Dezember
• Drohung mit Abmahnung der Städtegruppe Dortmund im November/ Dezember
• Drohung mit Entzug der Zuschüsse an die Städtegruppe Berlin
• Feindseligkeit, gezieltes Ausgrenzen, Verunglimpfen von mir als Vorständin seit Juli,
• bewusstes Filtern von Kommunikation und einseitige Informationen an alle Mitfrauen seit August - somit auch an dich
Machtpolitik statt Fokus auf Frauenrechte
Anstatt für das Verursachen dieser Krise Verantwortung zu übernehmen und den Weg frei zu machen für Vorstandsneuwahlen, damit endlich wieder Ruhe in unserem Verein einkehren kann, betreiben Christa Stolle, Godula Kosack und Carmen Schiller derzeit ganz deutlich Machtpolitik.
Und darum geht es mir NICHT.
Mir geht es um etwas anderes. Mir geht es wirklich um die Sache und um den Verein - nicht um persönliche Befindlichkeiten, dem Schielen nach Vorteilen oder einem Machtanspruch auf Positionen. Auch wenn mir unterstellt wird, ich hätte Appetit auf den Geschäftsführerinnen-Posten.
Ich sage dir ganz deutlich: Nein. Das ist nicht so. Ich hatte und habe kein Interesse daran, den Posten der Geschäftsführerin zu übernehmen.
Das habe ich auch seit Jahren immer wieder betont, im Vorstandskreis, Mitarbeiterinnen gegenüber und auch öffentlich.
Ich setze mich seit über 20 Jahren so weit es geht ein – und zwar im Ehrenamt.
Wie gibt es wieder Ruhe im Verein?
Ich hoffe, du kannst jetzt nachvollziehen, was mich seit einem halben Jahr bewegt und mir schlaflose Nächte bereitet.
Und nicht nur mir.
Über 300 Mitfrauen und beitrittswillige Frauen – hoffentlich zukünftige Mitfrauen, denen der Restvorstand den Beitritt verwehrt - haben sich schon im Sommer zu einer Mitfrauen-Initiative zusammengetan: „saveTDF – Für Demokratie, Transparenz und Vernetzung im Verein TERRE DES FEMMES“ .
Und sie taten das völlig selbstbestimmt und eigeninitiativ. Auch wenn mir unterstellt wird, ich hätte saveTDF gegründet. Das stimmt einfach nicht. (Überzeuge dich gern selbst, vernetze dich mit den Mitfrauen von saveTDF, frag sie selbst, tausch dich mit ihnen aus.)
Tatsache ist: wir wollen dasselbe, nämlich wieder Ruhe in unserem wichtigen Verein.
Damit wir uns wieder auf das fokussieren können, was Ziel und Gründungsintention von TERRE DES FEMMES war: Mädchen und Frauen.
Die einzige Möglichkeit, wieder Ruhe in unseren Verein zu bringen, ist eine baldmögliche Mitfrauenversammlung. Und dazu brauche ich dein Ja zu einem Minderheitenbegehren.
Denn deine Zustimmung zum Minderheitenbegehren hat zur Folge, dass schnell eine außerordentliche Mitfrauenversammlung stattfinden kann. Mit fairen Neuwahlen unseres gesamten Vorstands.
Deshalb werde ich dir in den nächsten Tagen noch einmal schreiben, dir mein offizielles Anschreiben zum Minderheitenbegehren schicken - sei beruhigt, es wird deutlich kürzer als diese E-Mail – und dir natürlich auch erklären, wie das genau abläuft.
Wenn du mehr wissen willst
Du hast gesehen, ich habe in diesem E-Mail bereits viele Informationen verlinkt.
Wenn du dich noch mehr einlesen willst in die Krise bei TERRE DES FEMMES, dann schau hier auf der Website von saveTDF.
Du findest die Chronologie der Krise, das Statement der Gründerin, Mythen & Fakten, Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ), Rechtliches und Presseberichte – all das, was die Führungsriege von TERRE DES FEMMES ein halbes Jahr lang von dir ferngehalten hat.
Du kannst mich natürlich auch selbst anschreiben, ich bin erreichbar für dich.
Ich biete dir auch sehr gern an, mit mir in den persönlichen Austausch zu gehen, Fragen zu stellen, dich zu informieren: an diesen drei Tagen veranstalte ich jeweils eine online-Sprechstunde über Zoom:
Sonntag, 15. Januar von 18.30-20.00 Uhr
Freitag, 20. Januar, von 18.00-19.30 Uhr
Dienstag, 24. Januar von 19.00-20.30 Uhr
Du kannst ganz einfach mitmachen: hier der Link zu meinem Zoom-Raum.
Du bist herzlich eingeladen! Ich freue mich sehr über die Möglichkeit, endlich das zu tun, was in einem Verein selbstverständlich sein sollte: sich kennenzulernen und miteinander zu kommunizieren.
Nun danke ich dir sehr dafür, dass du bis hierher gelesen hast.
Ich wünsche dir von Herzen ein kraftvolles und vor allem gesundes 2023!
Inge